Der „Säulenheilige“ der österreichischen Immunologie ist bekanntlich Karl Landsteiner, der zwar 1930 den Nobelpreis für seine Arbeiten auf dem Gebiet der immunchemischen Spezifität erhalten hat, der Allgemeinheit aber v. a. als Entdecker des ABO-Blutgruppensystems bekannt ist. Aufbauend auf seinen Arbeiten und jenen vieler anderer Arbeitsgruppen hat sich das weltweite Blutspende- bzw. Bluttransfusionswesen entwickelt.
Die Sicherheit von Bluttransfusionen wurde in zunehmendem Maße verbessert, indem jede Blutkonserve einer genauen serologischen, mikrobiologischen und genetischen Analyse unterzogen wird. Bisher hat man allerdings nicht nach dem Geschlecht der Spender gefragt. Jetzt zeigt sich in einer neuen Studie aus den Niederlanden, dass die Beantwortung dieser Frage für Männer gar nicht unwichtig ist. Die Forscher vom Center for Clinical Transfusion Research in Leiden/NL fanden nämlich heraus, dass das Blut von Frauen bei männlichen Empfängern unter 50 Jahren die Sterblichkeitsrate erhöht, insbesondere wenn die Spenderin schon einmal schwanger war. Der Verdacht, dass Blutkonserven von Frauen für Männer schädlich sein könnten, wurde zwar schon früher geäussert, solide Daten zu dieser Frage ergab aber erst jetzt diese Studie, die bei mehr als 31.000 Frauen und Männern, die eine Transfusion erhalten hatten, durchgeführt wurde. Wichtig war dabei, dass kein gepooltes Blut transfundiert wurde, sondern dass die Konserven jeweils nur von einem Mann, einer Frau mit durchgemachter Schwangerschaft oder einer Frau, die nie schwanger war, stammten.
Die einmalige Verwendung von Blut von Frauen mit früheren Schwangerschaften führte bei den Empfängern beiderlei Geschlechts zu einer erhöhten Sterberate (nach 3 Jahren bei Frauen kumulativ 16%, und bei Männern 17%). Bei Empfängern von Blut von Männern oder von Frauen ohne Schwangerschaft betrugen diese Prozentsätze 13 bzw. 12%.
Eine statistisch erhöhte Sterberate in der ersteren Gruppe ergab sich allerdings nur bei Männern im Alter unter 50 Jahren. Die diesem Phänomen zugrunde liegenden Mechanismen sind noch nicht bekannt. Es wird sich allerdings dabei wohl um einen immunologischen Prozess handeln, insbesondere das Vorhandensein von Antikörpern gegen vom Vater stammende Antigene. Ausserdem weiss man, dass in den Konserven neben den Erythrozyten immer auch Leukozyten vorhanden sind, deren Oberflächenantigene vom Immunsystem des Empfängers erkannt werden. Schliesslich besteht bei einer Verabreichung von Transfusionen immer auch die Gefahr von Nieren- und Lungenschädigungen, Infektionen oder Krebserkrankungen.
Zusammenfassend könnte dieser Befund zu einer völlig neuen Organisation des Transfusionswesens führen. In der Schweiz wird z.B. bereits jetzt nur mehr Plasma von männlichen Spendern transfundiert.
Ref.
R.A. Middelburg et al.
„Association of Blood Transfusion From Female Donors With and Without a History of Pregnancy With Mortality Among Male and Female Transfusion Recipients“
JAMA. 2017 Oct 17;318(15):1471-1478. doi: 10.1001/jama.2017.14825.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29049654