Endometriose

Sep 27, 2021 | Hormondiagnostik, News

Die Endometriose ist bekanntlich durch das Vorhandensein von Endometrium-ähnlichem Gewebe ausserhalb des Uterus charakterisiert. Dieses Thema wird aus wissenschaftlicher, klinischer, diagnostischer und therapeutischer Sicht in einer ausgezeichneten Übersichtsarbeit von Krina T. Zondervan et al. (Ref.) behandelt.

Verschiedenen hormonellen Einflüssen kommt bei der Entstehung der klinisch manifesten Beschwerden – insbesondere den Entzündungsprozessen – der Endometriose eine besondere Bedeutung zu.

Dafür muss man diagnostisch zwischen systemischen und lokal die Steriodgenese und Progesteron-Resistenz beeinflussenden endokrinologischen Parametern unterscheiden. Die Proliferation des ektopen Endometeriumgewebes erfordert die Aktivität von Östriol, das sowohl aus dem systemischen Hormonpool stammt, aber auch lokal durch eine vermehrte Produktion von Aromatase und akut regulatorischem Protein (ARP), sowie einer verminderten Expression der 17β-Hydroxysteroid Dehydrogenase 2 in den endometriotischen Läsionen selbst bewirkt wird. Diese Läsionen sind ausserdem durch eine verstärkte Expression von Östrogenrezeptor β charakterisiert, was – bisher nur im Tierversuch gezeigt – das Wachstum der Läsionen fördert, indem es den programmierten Zelltod (Apoptose) hemmt. Die Apoptose von läsionalen Endometriumzellen wird durch das proinflammatorische Zytokin Tumornekrose-Faktor α (TNFα) induziert. Östrogene hemmen TNFα und führen zu einem kompensatorischen Anstieg eines anderen proinflammatorischen  Zytokins, des Interleukin-1β (IL-1β). IL-1β fördert seinerseits die Umwandlung (Transition) von Endometrium-Epithelzellen im mesenchymale Zellen und so schliesslich zur Entzündung und Fibrosierung im Bereich der Läsionen.

Lokale epigenetische Beeinflussung der Expression verschiedener, für die Funktion der Endometrium-Schleimhaut essentieller Transkriptionsfaktoren führen lokal zu einer Störung der zellulären Übertragung der durch Progesteron bewirkten Signale (Signaltransduktion), was sich in einer „Progesteron-Resistenz“ manifestiert. Durch diesen Mechanismus wird das Östrogen-abhängige Wachstum der Epithelzellen in den Läsionen gehemmt und dadurch die Regulation der lokalen Dezidualisierung, d.h., des Prozesses, der normalerweise die Endometrium-Schleimhaut für die Schwangerschaft vorbereitet, gestört.

Die Folge dieser hormonell gesteuerten Vorgänge sind chronische, durch Zellen und Mediatoren des angeborenen und adaptiven Immunsystems mediierte schmerzhafte Entzündungen.

 

Ref.:

Zondervan KT, Becker CM, Koga K, Missmer SA, Endometriosis, N Engl J Med 382:1244-1256 (2020)
DOI: 10.1056/NEJMra1810764