Sind endogene Geschlechtshormone wichtig für das Atherosklerose-Risiko beim Mann?

Mai 28, 2024 | Hormondiagnostik, News

In Bezug auf Nebenwirkungen bzw. das Auftreten manifester Erkrankungen (z.B. Mamma Ca) bei postmenopausalen Frauen unter Hormonersatztherapie (hormone replacement therapy – HRT) existiert bereits eine Unzahl von einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen und Statements professioneller medizinischer Organisationen.

Viel weniger Informationen sind verfügbar, wenn es sich um die Nebenwirkungen der Androgensubstitution bei Männern handelt, bzw. die Rolle von deren endogenem Geschlechtshormonstatus bei der Entwicklung verschiedener Erkrankungen. So weiss man z.B. noch wenig über die Bedeutung von endogenen Sexualhormonen bei der Entwicklung von kardiovaskulären Erkrankungen (Cardiovascular diseases – CVD) von Männern.

Für die Assoziation von niedrigen Testosteronwerten mit dem erhöhten Risiko für CVD wird eine endotheliale Dysfunktion verantwortlich gemacht (Ref. 1).

Im Jahr 2015 hat hingegen die Amerikanische Food and Drug Administration (US-FDA) eine Warnung bezüglich erhöhten CVD-Risikos bei Männern unter Testosteronbehandlung (z.B. Doping im Sport) herausgegeben (Ref. 2). In diesem Dokument wird auch explizit darauf hingewiesen, dass eine Testosteronsupplementierung nur bei Männern mit niedrigen endogenen Testosteronwerten in Betracht gezogen werden sollte.

In einer im Jahr 2022 publizierten Arbeit (Ref. 3) kommen die Autoren zu dem Schluss, dass niedrige Werte von Gesamt- und freiem Östradiol bei Männern im mittleren Alter das Mortalitätsrisiko bei CVD steigern. Die Bedeutung dieses Befunds wird noch durch die Tatsache unterstrichen, dass die Serumkonzentration von Östradiol im Mittel etwas höher ist als bei postmenopausalen Frauen.

Zusammenfassend kann folgendes Fazit gezogen werden:

  1. Niedrige endogene Testosteronwerte und zu hohe Werte durch Testosterongabe führen bei Männern zu einem erhöhten CVD-Risiko.
  2.  Der Grossteil der bisher auf diesem Gebiet durchgeführten Studien (obwohl meist bei Frauen) zeigt, dass endogene Östrogene eine vor CVD schützende Funktion haben. Dies erfolgt durch die Bindung von Östrogen an die Östrogenrezeptoren (estrogen receptors – Erα, Erβ, und des G-Protein gekoppelten Östrogenrezeptors 1 – GPCR1) auf vaskulären glatten Muskelzellen und Endothelzellen. Über diese Signaltransduktionswege manifestieren Östrogene u.a. ihre anti-inflammatorischen Wirkungen. Sie erhöhen massiv die NO-Synthese (NOS) und damit die NO-bedingte Vasodilatation und senken ausserdem den LDL-Cholesterin Plasmaspiegel.

Referenzen:

Ref. 1

Editorial: Are endogenous sex hormones important for atherosclerotic cardiovascular disease risk in men?

Atherosclerosis 361 (2022) 32–33

https://doi.org/10.1016/j.atherosclerosis.2022.10.011

Ref. 2

Cittadini A. et al.

Testosterone therapy and cardiovascular diseases

Cardiovascular Research (2022) 118, 2039–2057 https://doi.org/10.1093/cvr/cvab241

Ref. 3

Robert J.

Sex differences in vascular endothelial cells

Atherosclerosis 384 (2023) 117278

https://doi.org/10.1016/j.atherosclerosis.2023.117278