Die Typ I-Allergie kann bekanntlich als eine atavistische Reaktion des Immunsystems aufgefasst werden: diese Theorie basiert auf der Ansicht, dass die menschliche und tierische IgE-mediierte Immunantwort aus evolutionärer Sicht ursprünglich dazu diente, Parasiten, insbesondere Würmer, zu bekämpfen. In jenen Teilen der Welt, wo der Mensch nicht, oder nur mehr in geringem Grad mit Parasiten konfrontiert wird, müssen wir für diese Art der Immunabwehr dadurch "bezahlen", dass sie sich gegen prinzipiell unschädliche Antigene, wie Pollen oder Nahrungsmittelallergene, wendet und dann als Typ I-Allergie manifest wird.
In Bezug auf eine mögliche Wechselwirkung zwischen Immunreaktionen vom Typ IgE gegen Parasiten und klassische Typ I-Allergene gibt es unterschiedliche Meinungen bzw. Daten. Viele Autoren behaupten bzw. belegen, dass eine IgE-mediierte Immunreaktion gegen Parasiten, z.B. den Spulwurm (Ascaris), zu einer verminderten Reaktion gegen allergische Typ I-Reaktionen des Atmungstrakts oder der Haut führen. Andere Autoren finden keine Evidenz für einen derartigen Zusammenhang.
In ersterem Fall konnte gezeigt werden, dass durch Kontakt mit Parasiten immunregulatorische Mechanismen aktiviert werden, die mit einer Produktion von immunsuppressiven Zytokinen (Interleukin-10 / IL-10 – und transforming growth factor-beta/ TGF-beta) einhergehen. Eine zweite Hypothese ist, dass hohe, durch Parasiten induzierte polyklonale IgE-Spiegel zu einer Sättigung des hochaffinen IgE-Rezeptors (Fc-epsilon-RI) auf Basophilen und Mastzellen führen, und auf diese Weise eine Allergen-spezifische Überempfindlichkeitsreaktion verhindern.
In einer kürzlich in der „Wiener Medizinische Wochenschrift“ erschienenen Arbeit von I. Schabussova und U. Wiedermann wird dieses Thema kurz und kompetent diskutiert.
Ref.
Schabussova I. et al.
„Allergy and worms: let’s bring back old friends?“
Wien Med Wochenschr. 2014 Oct;164(19-20):382-91
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25281198